, Füglistaler Pascale

Berglauf WM 2023, Innsbruck: Nino Freitag brilliert auf Mountain Classics Distanz!

**Jetzt mit Interview**

Am Samstag, 10. Juni 2023 stand Nino Freitag bei der Berglauf WM in Innsbruck in der Disziplin Mountain Classic der Junioren am Start und konnte mit einem starken 8. Platz überzeugen. In der Teamwertung reichte es sogar für Gold!

Bereits zu Beginn war Nino ganz vorne mit dabei auf dem 7.5 km langen und mit 374 Höhenmetern gespickten Rundkurs. Er konnte sich konstant in den Top 10 halten und zum Schluss den 8. Rang sichern. Aufgrund der ebenfalls sehr starken Leistungen seiner Schweizer Teamkollegen gewannen sie die Gruppenwertung.

Wir gratulieren herzlich zu dieser Wahnsinnsleistung!

Neu: das Interview mit Nino, das spannende Einblicke, nicht nur zum Renntag selbst, sondern auch dem Weg dort hin gewährt.

Selektion und Vorbereitung

Wann hattest du dich entschieden an der Selektion zur Trail WM teilzunehmen? – Bisher warst du ja eher auf der Strasse und der Bahn unterwegs.

Ich wurde vom Trail Running Chef «Gabriel» angefragt, ob ich an der Selektion teilnehmen wolle. Die Anfrage bekam ich aufgrund der recht guten Leistungen, die ich bei den Cross Läufen diesen Winter zeigen konnte. Und so wurde ich eingeladen nach Interlaken an den Selektionslauf zu kommen.

Die Selektionskriterien hast du bekanntlich erfüllt. Hast du danach dein Training speziell auf die Herausforderungen im Trail angepasst, oder bist du mit deinem gewohnten Training weitergefahren?

Nein, ich habe mein Training nicht angepasst und hatte zum Beispiel auch nicht zusätzliche Höhenmeter in meine Dauerläufe integriert. Es gab also klassische Bahntrainings und Dauerläufe.

Jedoch gab es noch ein einwöchiges Trainingslager, das im Stubaital stattfand, in welchem wir uns gezielt aufs Berglaufen vorbereiten konnten und somit einige Höhenmeter sammeln konnten.

Wie ist die Vorbereitung verlaufen?

Die Vorbereitung ist gut verlaufen. Allerdings konnte ich nur schwer einschätzen, wie ich im Vergleich zu den anderen stehe, da ich mehrheitlich schnelle Bahntraining absolviert hatte und nicht wusste, ob das «genug» war, um mithalten zu können.

Gab es Dinge, die aufgrund des internationalen Wettkampfes, anders waren als gewohnt?

Ja, definitiv. Neu war für mich, dass man mit dem Schweizer Tenue ausgestattet wird, welches man zu allen Anlässen tragen musste. Zudem musste darauf geachtet werden, dass nur Marken sichtbar waren, die von Swiss Athletics zugelassen sind. Das heisst, es musste zum Beispiel bei den Schuhen das Logo abgeklebt werden, wenn es nicht zu den zugelassenen Marken gehörte.

Neu war auch die Doping Schulung, die jeder Athlet/ jede Athletin durchlaufen musste.

Zum Schluss musste ein Vertrag unterzeichnet werden, in dem man bestätigte sich an die Vorgaben zu halten.

Die Tage vor dem Wettkampf

Erzähl, wie war die Stimmung in Innsbruck? – Der Event war ja sehr professionell aufgezogen worden.

Die Stimmung in Innsbruck war super. Es war unglaublich die Zielgerade zu betreten, da so viele Zuschauer da waren die ordentlich Lärm machten und die Athleten anfeuerten. Ich konnte die Stimmung aber nicht ganz so geniessen, da ich auf den letzten Metern echt am Ende war und einfach möglichst schnell ins Ziel kommen wollte.

Später als ich mit dem Team auf der grossen Bühne auf’s Podest steigen konnte und von dort dem Publikum zujubeln konnte, war echt cool.

Kannst du uns Einblicke geben, wie es sich hinter den Kulissen des Events abspielte?

Etwas war alles sehr professionell organisiert! Nur zu Beginn gab es einen Bus-Engpass, der dazu führte, dass wir als Schweizer Team gerade rechtzeitig zur Event Eröffnung kamen.

Beim anschliessenden Essen galt es abermals warten, warten, warten, da es für die grosse Anzahl Athleten zu wenige Zelte für die Essensausgabe gab, so dass man sich ordentlich gedulden musste.

Ansonsten kann ich aber nichts bemängeln. Die Startnummern konnten wir direkt bei uns im Hotel abholen und im Call Room zum Beispiel lief alles wie am Schnürchen.

Wie bist du zur Ehre gekommen Fahnenträger beim Eröffnungsevent zu sein? Wurde das Ding nicht irgendwann etwas schwer 😉 ?

Es war eher ein Zufall. Ich übernahm den ersten Part des Fahnentragens, weil der ursprüngliche Träger sie abgeben wollte. So hatte ich mich gemeldet und hatte die Fahne durch die Innenstadt transportiert, wo uns die Zuschauer zujubelten, Fotos und Videos machten, sobald sie das Schweizer Kreuz entdeckten. Irgendwann wurde die Fahne, die eher eine Tafel war, aber unhandlich und so bot ich sie dem nächsten Freiwilligen aus der Mannschaft zum Tragen an.

Wie lief denn die Eröffnungszeremonie ab?

Eigentlich hätten wir schon eine halbe Stunde vor Beginn am Ablaufort sein müssen. – Zum Glück war da der besagte Bus-Engpass gewesen, der uns so knapp ankommen liess, dass die Mannschaften vor uns bereits gestartet waren als wir dort eintrafen. Da wir alphabetisch sortiert waren, kamen wir erst recht zum Ende dran, so dass es am Ende tip top aufging. Man ging also durch die Innsbrucker Innenstadt und wurde dann jeweils als Nation aufgerufen, um durchs Bild zu laufen und von der Kamera erfasst zu werden. Das Prozedere erforderte abermals Geduld auch deshalb, weil ab und an noch Werbeblöcke zwischengeschaltet wurden. Zum Abschluss fand das grosse Essen statt, das ausser den langen Wartezeiten, ganz ordentlich war: es gab genug Pasta und auch vegetarische und vegane Alternativen.

Wie sah die Wettkampfvorbereitung in Innsbruck aus? Dein Lauf stand ja erst am Samstag an.

Die 4 verbleibenden Tage bis zum Wettkampf gingen wir eher locker an. Es galt sich an die Umgebung und das Terrain anzugewöhnen und die Strecke zu besichtigen wo auch ausgetestet wurde, ob die Strassenlaufschuhe auf dem Untergrund halten. Nebst dem aktiven Part besuchten wir auch die Sauna und genossen eine Massage, um erholt am Start stehen zu können.

Wettkampfstag

Was ging in dir vor dem Start vor? Warst du nervös?

Ich war überraschenderweise gar nicht nervös. Ich war eher darauf konzentriert meinen Startplatz halten zu können und warm zu bleiben. Das war nicht immer einfach da die US Athleten ab und an ihre Ellbogen ausfuhren und versuchten sich vorzudrängen.

Wie fest hat dir das Publikum geholfen deine allfällige Nervosität zu vergessen?

Es war natürlich schon toll, überall die Zuschauer zu sehen, die vielen Banner und die professionelle Organisation des Events, an dem man teilnehmen durfte. Sich bewusst zu werden, dass man nun bei einer WM dabei ist und sich mit den besten der Welt messen kann, war enorm cool und steigerte die Vorfreude.

Hattest du dir eine Taktik für dein Rennen festgelegt? Wenn ja welche und ist sie aufgegangen?

Ich wollte möglichst schnell starten, um bei den engeren Passagen nicht nach aufgehalten zu werden, was sehr gut gelungen war. Allerdings gab es später bei der Treppe viele Athleten, die diese nur hoch gingen, statt zu rennen was auch mich zum gehen an dieser Stelle zwang, was ich eigentlich vermeiden wollte. Im darauffolgenden Zwischenstück konnte ich aber viele überholen und ich konnte mich zusammen mit Loïc auf die Plätze 6 und 7 vorarbeiten. Danach galt es für mich die Position beim bergab Laufen zu halten, was ebenfalls gut gelang, auch deshalb, weil ich genügend Abstand zu meinen Verfolgern hatte. Im flachen Terrain wollte ich meine Geschwindigkeit ausspielen und weitere Läufer einholen. Diese waren jedoch schon etwas weit entfernt, weshalb mir dies nicht mehr gelang. Ehrlich gesagt hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr die Kraft, um einen solchen Effort zu leisten. Ich konnte aber noch zum Schlusssprint ansetzen und das Duell gegen den Franzosen für mich entscheiden. Insgesamt ging aber die Taktik sehr gut auf.

Wie gestaltete sich die Strecke?

Die Strecke war nicht sehr herausfordern und aufgrund der vielen Asphaltanteile eher einfach zu laufen. Dennoch musste man recht mutig sein, um möglichst schnell bergab laufen zu können. Sehr technisch war die Strecke aber tatsächlich nicht. Mir persönlich spielte dies aber in die Karten.

Konntest du die Strecke / das Rennen trotz der grossen Anstrengung geniessen?

Definitiv! Es war cool die Schweizer Fans zu hören wie sie mich anfeuern und «hopp Nino» rufen. Aber auch andere Nationen hatten scheinbar Sympathien für uns Schweizer Läufer und jubelten uns auch tatkräftig zu.

Welche Gedanken gingen dir während dem Rennen durch den Kopf?

Ganz ehrlich, «scheisse ich hoff ich mag das durehebe». Ich wusste nicht, ob ich das Tempo durchhalten konnte und ob ich vielleicht sogar völlig eingehen und von allen überholt werden würde. Es war einfach extrem hart. Später im Rennverlauf realisierte ich aber, dass ich recht gut positioniert war, was mir wieder Motivation verlieh das Tempo durchzuziehen und mich nicht mehr überholen zu lassen. Ab dann hatte ich den Kopf ausgeschaltet und lief einfach so schnell wie möglich ins Ziel.

Als mir dort der Trail Trainer Gabriel zurief, dass wir als Team den ersten Platz belegt hatten, glaubte ich das erst gar nicht und wollte mir das von offizieller Seite noch bestätigen lassen.

Platz 8 und Team Gold 💪🏼

Ein super Resultat. Wie zufrieden bist du damit?

Direkt im Ziel war ich sehr zufrieden mit dem achten Platz und vor allem dem ersten Platz mit der Mannschaft. Jedoch bin ich eher der ehrgeizige Typ und sehe, in diesem Fall, dass noch sieben Athleten vor mir sind … Ich sehe das immer als Möglichkeit mich weiterzuentwickeln und zu pushen. Aber in Anbetracht dessen, dass ich noch nicht lange laufe und auch wenig Erfahrung im Down Hill Laufen habe, bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Möchtest du beim Traillaufen bleiben oder eher den Fokus auf die Bahn oder die Strasse legen?

Vorerst möchte ich mich auf die Bahn und Strasse konzentrieren, um an Geschwindigkeit weiter zulegen zu können, die mir auch auf den Trails zugutekommen würde. Falls es da nicht (mehr) ganz so gut laufen sollte, kann ich mir vorstellen auf’s Traillaufen zu wechseln. Wenn es lange Distanzen werden sollten, dann lieber auf dem Trail als auf der Strasse, da mir das Erlebnis doch sehr gut gefällt. Diesen Wechsel sehe ich aber sicherlich nicht in den nächsten paar Saisons.

…und zum Schluss: was möchtest du noch loswerden, was du bisher noch nicht sagen konntest?

Eigentlich fehlt an dieser Stelle nur noch ein grosses Dankschön:

  • An meinen Götti, der mir den Vertrag kurz und bündig zusammengefasst hat, damit ich nicht den kompletten Inhalt lesen muss.
  • An meine Eltern, die mir meinen Proviant organisiert haben.
  • An meinen Bruder, der mir alles Gute gewünscht hat.
  • An meine Kollegen und LVW’ler, die mir in Nachrichten viel Glück und «du packsch das» geschickt haben.
  • An meine Trainingsgruppe, die extra das Training früher angesetzt hat, um den Live Stream meines Rennes mitverfolgen zu können.
  • An Ramon, meinen Trainer, der ebenfalls nach Innsbruck angereist ist, um mich dort zu unterstützen und mir Sicherheit zu geben.
  • An Bruno’s Trainings, dank denen ich so schnell geworden bin.
  • An meine Trainer, die mir den Bus organisiert und mich in den Call Room begleitet haben.
  • An meinen Sponsoren Saucony, der an mich glaubt und mich mit Schuhen aussrüsten.